Firma Franz Stöckl bringt alpine Baustellen in Einklang mit der Natur.
Baustellen in exponierter Lage erfordern aufgrund der Höhe und vielfachen Arbeiten nahe dem Abgrund mehr als Nervenstärke – alleine der Transport von Baumaterial und Baumaschinen ist ein Kapitel für sich. Wer wie die Firma Franz Stöckl aus dem Pinzgau, eingebettetzwischen den Hohen Tauern im Süden und den Kitzbüheler Alpen sowie dem Steinernen Meer im Norden, im schwer zugänglichen, steilen alpinen Gelände arbeitet, muss sich witterungsbedingt auf kurze Bauzeiten einstellen können. Dazu kommt noch, sich an die jeweilige Geologie anzupassen und dabei umweltschonend zu agieren, um die sensible Vegetation im Gebirge so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Das geht nur, wenn alles wie im Fall des mittelständischen Familienunternehmens mit 320 Mitarbeitern aus einer Hand kommt und sich somit Synergien aus dem Erdbau, Straßen- und Wegebau, Leitungsbau und Betonbau ergeben. Zur eigenen Rohstoffsicherung unterhält das Unternehmen Steinbrüche in Neukirchen am Großvenediger und Weißbach bei Lofer samt Aufbereitungsanlagen zur Veredelung von Sand, Kies und Asphalt. Betonwerke in Hollersbach und Saalfelden vervollständigen die Produktionskette.
2018 knöpften sich die Kitzbüheler Bergbahnen ausnahmsweise einmal nicht die legendäre Hahnenkammpiste vor, um ideale Abfahrtsbedingungen für Skirennläufer und Touristen zu schaffen, sondern sie investierten auf der anderen Seite von Kitzbühel rund 22 Millionen Euro. Als eine der Hauptmaßnahmen sollte die Raintalbahn erneuert werden. In der Ausführung war die Firma Franz Stöckl zusammen mit ihrem 2017 erworbenen Unternehmen Oberrater Bau gefordert, ein Gebäude für die Talstation und die Liftstrecke zu errichten, damit die Raintalbahn am 8. Dezember dieses Jahres den Betrieb aufnehmen kann. Grundsätzlich geht es am Kitzbüheler Horn nicht vordergründig um den Ausbau von Kapazitäten oder darum, noch mehr Abfahrtspisten zu schaffen, sondern im Fokus steht ein sanfter Skitourismus. Aufgrund des sich verändernden Klimas haben sich die Kitzbüheler Bergbahnen entschieden, seit 2009 keine sonnenseitig exponierte Wiederholeranlage unter 1 450 Meter über dem Meeresspiegel zu errichten. Das führte dazu, dass die Talstation von 1 280 auf 1 460 Meter verlegt und die Bergstation im Gipfelbereich angehoben werden musste. Außerdem sollte der Doppelsessellift, der noch aus den 50er-Jahren stammte, komfortabler werden. Dazu wurde der Einstieg breiter gemacht und die Bahn mit ergonomisch geformten Sitzen ausgestattet.
Alleine schon die Witterung schränkte den Einsatz im Hochgebirge zeitlich ein – im Fall des Kitzbüheler Horns belief sich dieser zwischen Juni bis Ende Oktober. Damit war die Bauzeit für die Fülle der auszuführenden Arbeiten sehr knapp bemessen. Wesentliche Aufgabe war es, eine für den Skibetrieb optimale Piste bereitzustellen. Dazu war eine Geländeangleichung mit rund 20 000 Kubikmeter Erd- und Felsabtrag und ebensolcher Aufschüttung an anderer Stelle zu bewältigen. Der verbaute Beton in Höhe von 1 600 Kubikmetern, der aus der firmeneigenen Mischanlage aus Hollersbach stammte, wurde mithilfe von Transportmischern angeliefert. Doch nicht nur der Materialtransport in diese Höhe gestaltete sich als Herausforderung, sondern auch bis die benötigten Baumaschinen wie ein Cat 329ELN, Cat 323, Cat 320EL und Cat 325FL an Ort und Stelle waren. Mit dem eigenen Tiefbettauflieger ging es den Berg hinauf, bis zu dem Punkt, an dem es mit dem Lkw nicht mehr weiterging und die Baumaschinen per Achse selbst zur Baustelle fahren mussten. Logisch: Allrad ist für den Fuhrpark, den ein Unternehmen mit diesem Tätigkeitsprofil unterhält, obligatorisch.
Im Bereich der Lifttrasse war das Gelände so steil, dass nur mit zwei Schreitbaggern gearbeitet werden konnte, um die Liftstützen herzustellen. Damit die Kettenbagger mit ihren Laufwerken entsprechend Halt im Gebirge fanden, wurden extra Stegplatten an diesen angebracht, die somit quasi wie ein Steigeisen am steilen Hang fungieren konnten. Für den Pistenbau mussten auch 4 500 Kubikmeter Fels, maßgeblich Wildschönauer Schiefer, gesprengt werden. Die dafür benötigte Bohrlafette, Kompressor und Sprengstoff brachte ein Hubschrauber zum jeweiligen Stützpunkt – auch das ist bei alpinen Einsätzen keine Seltenheit. Neben der exponierten Lage macht auch die vorherrschende Geologie die Arbeiten anspruchsvoll. Dabei sollte der Eingriff in die hochsensible Alpenfauna und –flora so gering wie möglich sein – dafür hat der Betrieb Franz Stöckl eine eigene Methodik entwickelt, um die vorhandene Vegetation so schonend als möglich zu bearbeiten. „Die vorhandenen Pflanzsoden werden vorsichtig abgehoben und auf die Seite gelegt. Die Grasnarbe soll möglichst nicht beschädigt werden, weil es ja oberste Priorität ist, die vorhandene Vegetationsschicht wiederverwenden zu können“, erklärt Bauleiter Diplom-Ingenieur Michael Widauer den fast schon chirurgischen Eingriff. Wie bei einer „Hauttransplantation“ werden die Rasenziegel umgehend wieder angedeckt.
Markenzeichen des Unternehmens ist ein Dinosaurier, der freundlich eine Blume anlächelt. „Damit wollen wir signalisieren, dass wir bei unserer Arbeit, auch mit schwerem Gerät, respektvoll und achtsam mit der Natur umgehen“, so Eva-Maria Hüttl-Stöckl, Mitglied in der Geschäftsführung des Familienunternehmens, das 1956 gegründet wurde. Der Strom, den die Verwaltung in Hollersbach benötigt, liefert eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach des Bürogebäudes. 2017 ging eine Betonrecyclinganlage in Betrieb, um Restbaustoffe aufzubereiten. Die Nachhaltigkeit hat der Betrieb auch im Blick, wenn es um den Maschinen- und Fuhrpark geht. So werden bereits Firmenautos mit Elektroantrieb eingesetzt. Weitere Kleinbusse sollen folgen. 2014 nahm der erste Hybridbagger den Betrieb auf, denn auf neuestem Stand der Technik will der Betrieb auch bei seinen Baumaschinen sein. Bei ihnen kommt es auf Leistung an, aber Spritersparnis, um CO2-Emmissionen zu reduzieren, hat ebenso einen hohen Stellenwert, bestätigt Gerhard Valtingojer, Verkäufer der Niederlassung Innsbruck von Zeppelin Österreich, der das Unternehmen rund um Cat Baumaschinen betreut. Was die Betriebsstunden der eingesetzten Kettenbagger betrifft, werden diese beim Erreichen der Grenze von 10 000 Stunden ausgetauscht. Das Unternehmen Franz Stöckl unterhält eine eigene Werkstatt – 14 eigene Monteure sorgen dafür, dass die Baumaschinen stets betriebsbereit sind. Das gewährleistetmnicht nur einen reibungslosen Einsatz auf den alpinen Baustellen, sondern garantiert auch sicheres Arbeiten. Ein Aspekt, der bei Einsätzen im Hochgebirge wie bei Maßnahmen zur Hangsicherung, zur Renaturierung von Gebirgsflüssen und beim Lawinenverbau noch einmal einen ganz anderen Stellenwert einnimmt.
Alpine Baustellen, wie am Kitzbüheler Horn, die auf 1 400 bis 1 900 Meter über dem Meeresspiegel liegen, sind das Kerngeschäft des Familienbetriebs. Der höchste Einsatz lag bislang in der Schweiz bei Sankt Moritz auf 2 600 Metern Höhe über dem Meeresspiegel.Für einen Speicherteich wurden 450 000 Kubikmeter Erdmassen bewegt. Auch Maßnahmen für künstliche Beschneiungsanlagen – wie 2018 rund um das 50 Hektar große Skigebiet Fieberbrunn – sind Leistungen, die Franz Stöckl immer wieder erbringt.Für die Bergbahnen Fieberbrunn waren auf 1 200 Meter über dem Meeresspiegel Materialbewegungen in Höhe von 220 000 Kubikmetern für den Speicherteich Streuböden zu leisten. Im Einsatz eine ganze Flotte an Cat Kettenbaggern wie ein Cat 336ELH, Cat 329ELN, Cat 325FL, Cat 323, Cat 320EL und ein Cat 324 mit langem Ausleger plus zwei Radlader. Ein Gemisch aus Kies, Sand und Schluff sowie kleinere Anteile von Sandstein und Tonschieber mussten abgetragen werden. Vier Muldenkipper stellten dazu den Transport des Aushubs zur Deponierung sicher, der überschüssig war. Was an Aushub verwendet werden konnte, diente wiederum als Dammschüttung, deren maximale Höhe über 13 Meter betrug. Ein Teil des anfallenden Materials musste mithilfe von Brecher und Siebanlage aufbereitet werden. Somit konnte es zur Bekiesung der Abdichtung dienen. Die 29 000 Quadratmeter große Abdichtungsfläche wurde mithilfe einer 2,5 Millimeter dicken HD-PEKunststoffbahn sichergestellt. Deren Nähte waren doppelt verschweißt und auf beiden Seiten durch ein Schutzflies geschützt. Als weiterer Teil des Auftrags mussten die Uferbereiche mit einer Böschungsneigung von 1:2 modelliert werden. Die Uferzone wurde mit vorhandenen Rasenziegeln so natürlich und so unregelmäßig wie möglich gestaltet, um dem Vorbild der Natur so nahe als möglich zu kommen. Auch hier wurde mit der vorhandenen Rasenschicht so verfahren wie am Kitzbüheler Horn. Um mit den vorhandenen Ressourcen ökologisch und effizient umzugehen, wurde auch vermieden, extra Kies anzufahren. Das führte dazu, dass der Fels, insbesondere Schiefer, mithilfe eines Brechers und einer Siebanlage aufbereitet und für die Bekiesung der Abdichtung verwendet wurde, nachdem er von einem Cat Kettenbagger 336ELH gelöst worden war. Somit waren nur geringe Sprengungen erforderlich. Knapp fünf Monate nach Baubeginn in diesem Mai konnte mit der Befüllung des 150 000 Kubikmeter fassenden Reservoirs für den Speicherteich Streuböden begonnen werden. Damit steht dem Skibetrieb zu Weihnachten nichts im Wege.
Auch der Bau von Feldleitungen, wie sie für die Bergbahnen Wagrain diesen September bis November erstellt wurden, fällt bei Franz Stöckl GmbH unter die alpine Bautätigkeit. Hier arbeitete das Unternehmen wieder mit der Firma Oberrater Bau zusammen. Dazu mussten auf zwei Kilometern Länge teilweise sieben Rohrleitungen im Künettenquerschnitt als grabenförmige Ausschachtung mit schrägen Wänden verlegt werden. Sie wurden mit Kettenbaggern wie einem Cat 320ELRR und Cat 323 vorgenommen. Der Aushubüberschuss wurde im Nahbereich der Rohrkünette eingebaut und an den Geländeverlauf angepasst. Um die geforderte Bauzeit einhalten zu können und die erforderliche Tagesleistung zu erreichen, musste in der Künette im Vorlauf das Material per Sprengung aufgelockert werden. Auch hier wurde auf die vorhandene Vegetation Rücksicht genommen. Das Bettungsmaterial für die Leitungen wurde mittels Sieblöffel aus dem Aushub gewonnen – so wurde vermieden, unnötig Ressourcen zu verschwenden. Es wurde nur Material eingebaut, welches auch ursprünglich dort vorkommt. Schließlich erfordert alpines Bauen einen sensiblen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen.
Sonja Reimann/Baublatt